von Ursula Rausch

Das Lied, das J. Leroy 1829 schrieb, hat die Figur des Fahnelehn in Koblenz unsterblich gemacht. Aber nur wenige wissen, wo der Name Fahnelehn eigentlich seinen Ursprung hat. Die Geschichte, die sich dahinter verbirgt, ist ein typisches Beispiel für die „liebenswerte Altstadt“, die keine Erfindung der Neuzeit ist, sondern die sich diesen Ruf schon lange durch die sogenannten Originale und kleine Anekdoten erworben hat. Vor langer Zeit, als in Koblenz noch die Turmwächter der Feuerwache in den Zwiebelstürmen unserer Liebfrauenkirche ihren Dienst taten, hat sich die folgende, zum Schmunzeln anregende Begebenheit zugetragen. Eines Tages, kurz nach Dienstantritt, hörten die Turmwächter merkwürdige Geräusche. Gleich dachten sie an Geister oder sonstigen Spuk, denn der Dienst des Nachts in der Einsamkeit der Kirchtürme bot einen guten Nährboden für solche Gedanken. Doch das Pflichtbewusstsein (und wahrscheinlich die Angst vor einer Bestrafung, wenn sich Diebe in die Kirche eingeschlichen hätten), siegte über die Furcht. Nach dem Läuten um 10 Uhr machten sie sich dann gemeinsam auf die Suche nach der Ursache der unheimlichen Laute. Mit der Laterne leuchteten sie jeden Winkel der Kirche aus. Als sie in das Kirchenschiff kamen, hörten sie lautes Schnarchen aus dem Beichtstuhl. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schauten sie dort nach und fanden eine Person im Beichtstuhl. Es war das leicht entblößte, angetrunkene Labontes-Lehn aus der Weißergasse. Um die Frau jedoch nach Hause zu bringen, musste man die peinliche Erscheinung irgendwie verhüllen, denn das Schamgefühl war natürlich früher noch viel ausgeprägter als heute. Also nahm man eine alte Garnisonsfahne und wickelte „dat Lehn“ in diese Fahne ein. So entpuppte sich der vermeintliche Kirchengeist als „Fahne-Lehn“. Zur Erinnerung an diese Episode sangen dann die Weißergasser bei ihrer Kirmes das heute noch bekannte Lied. In der heutigen Zeit, wo die Menschen mit der Tradition nicht mehr viel zu schaffen haben, erinnern die Altstädter sich gerne an solche kleine Geschichten, die ein Bild von der alten Zeit vermitteln, das liebenswert und freundlich ist. Das Fahnelehn ist seit vielen, vielen Jahren im Kirmeszug im Herzen der Altstadt vertreten, und zusammen mit dem Doktor Eisenbarth repräsentiert die Figur das alte Koblenz. Es bleibt zu hoffen, dass auch nachfolgende Generationen mit diesen Figuren und den Geschichten, die dahinter stehen, noch etwas anfangen können.