Dieser Artikel erschien in der Festschrift zur 15. Altstadtkirmes 2006
Seit vielen Jahren ist in Koblenz eine Diskussion im Gange, das kurfürstliche Schloss für die Öffentlichkeit zu öffnen. Das Schloss hat sicherlich im Laufe der Jahre schon viele verschiedene Nutzungen erlebt, nach den herrschaftlichen Zeiten eines Clemens Wenzeslaus und einer späten Blüte, als die spätere Kaiserin Augusta in Koblenz einen ‚Nebenhof’ einrichtete, gab es auch die weniger schöne Zeit als Lazarett, Unterkunft für Soldaten u.ä. Eine Zeit der Blüte erlebte das Schloss jedoch, als zu Pfingsten 1921 das städtische Museum dort eingerichtet wurde. Im Mai 1923 erschien ein Führer durch das Museum, verfasst von Museumsdirektor A. Günther. Aus dieser ersten Ausgabe sowie der III. Auflage von 1926 stammt der größte Teil der folgenden Informationen.
Das Museum wurde in den Prunksälen des früheren Residenzschlosses im I. Obergeschoss eingerichtet, da diese für Bürozwecke nicht verwertbar waren. Es setzte sich zusammen aus den bis dahin im alten Kauf- und Schöffenhaus am Florinsmarkt untergebrachten Sammlungen des Coblenzer Museumsvereins und den bedeutsamsten Stücken der Städtisch-Lang’schen Gemäldesammlung. Leider genügt die Zahl der einstweilen zur Verfügung gestellten Räume nicht dem Umfang dieser Sammlungen, insbesondere nicht für die Aufnahme der gesamten städtischen Gemäldegalerie, so dass diese zum größten Teile noch in den verschiedenen Räumen des Rathauses untergebracht werden musste, wo sie der allgemeinen Besichtigung entzogen war. Auch die Hausgeräte- und Trachtensammlung sowie weitere Sammlungen des Museumsvereins fanden keinen Platz. Auch die überaus reiche und wertvolle Sammlung des Naturwissenschaftlichen Vereins konnte nur zu einem Teil ausgestellt werden. Ein großer Teil dieser Sammlung war in den Speicherräumen des Realgymnasiums gestapelt. Da das Museum vor allem ein Heimatmuseum sein sollte, hatte es die Sammlung seiner vorgeschichtlichen römischen und fränkischen Altertümer ausschließlich auf den Stadt- und Landkreis Coblenz, die übrigen Sammlungen mit Ausnahme einiger wertvoller alten Fayencen, Porzellane und kunstgewerblicher Gegenstände, auf den Regierungsbezirk Coblenz, die Rheinprovinz und die ihr angrenzenden Gebiete beschränkt.
Die Gliederung des Museums war folgende: In der Eingangshalle im Erdgeschoss fanden überwiegend Gegenstände aus der Römerzeit ihren Platz, darunter sechs römische Meilensteine vom alten Engelsweg (jetzt Römerstraße), Bruchstücke von Bau- und Grabdenkmälern des römischen Coblenz aus den Pfahlresten der Römerbrücke über die Mosel und von Ausschachtungsarbeiten im Stadtgebiet. Auf dem Treppenflur im I. Stock hatte man Aschenkisten römischer Brandgräber, römische Mühlsteine und Ziegel sowie mittelalterliche Skulpturreste aus Coblenz aufgestellt.
Im Kurfürstensaal befand sich die alte von der Kaiserin Augusta zusammengetragene Ausstattung, darunter aus dem alten kurfürstlichen Schloss (Philippsburg) in Ehrenbreitstein, die Porträts der 17 letzten Kurfürsten von Trier; alte Bilder von Coblenz und Ehrenbreitstein in Ölgemälden, Zeichnungen, Kupferstichen usw.; Gemälde der kurfürstlichen Schlösser in Kärlich, Wittlich und Montabaur; Originalkartons, Madonnenbilder usw.
Der Kurfürstensaal
Im Weißen Saal die äußerst reichhaltigen und alle Kulturperioden von der Eiszeit (Diluvium) bis zum Mittelalter umfassenden Sammlungen der vorgeschichtlichen, römischen und fränkischen Zeit aus Coblenz und nächster Umgebung mit erläuternden Plänen und Karten, einem großen Relief des sog. Neuwieder Beckens von Rhens bis Andernach, Modelle der Austiefung des Rheintales und der rheinischen Vulkane.
Weißer Saal
Im roten Damastsaal: Tafelbilder von Jörg Breu, einem Augsburger Maler (1518) und von einem niederländischen Meister unter stark lombardischem Einfluss. Altdeutsche und altniederländische Gemälde, Porträts und Flügelaltar: Holz- und Steinskulpturen des 14. und 18. Jahrhunderts, spätgotische Eisengussplatten, reich geschnitzte Empire-Truhe, alte Fayencen usw. Im Perlzimmer: außer den zur Ausstattung gehörenden Vasen und Kronleuchter aus Meißener Porzellan eine Auswahl der wissenschaftlich weltbekannten Schwerd’schen Petrefaktensammlung aus den devonischen Coblenz-Schichten und dem Hunsrückschiefer, Westerwälder Steinzeug des 16. bis 19. Jahrhunderts und der neuzeitlichen Fabrikation.
Roter Damast-Saal
Der Thronsaal war in seiner alten Ausstattung geblieben und hatte noch eine Ausschm ückung mit alten Coblenzer Zunft- und Kirchenfahnen erhalten. Beachtenswert war die von Januarius Zick in Fresko gemalte Decke, die durch seinen Enkel Gustav Zick 1845 und erneut 1912 durch Berliner Künstler renoviert worden war.
Thronsaal
Im Blauen Saal standen ein eingelegter Schreibtisch aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, Louis XIV.-Kommode, Empire-Sofa und Sessel. bemaltes Rokokotischchen, Gemälde der kurfürstlichen Hofmaler Zick, Foelix und Beckenkamp und verschiedener deutscher und niederländischer Meister bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Empfangszimmer der Kaiserin Augusta: Gemälde, Radierung, Zeichnungen und Skizzen von Januarius Zick (1732 bis 1797), seines Vaters Johannes Zick, seines Sohnes Conrad Zick und seines Schülers Beckenkamp. Im Schreibzimmer der Kaiserin: Kleinere Holzskulpturen und kirchliche Kunstwerke, altes Zinn und Porzellan, Erzeugnisse der früheren Coblenzer Blechfabrik in der alten Burg und der Sayner Hütte; Ausstellung von Miniaturmalereien. Silhouetten, Wachsbossierungen und Daguerreotypien, Hausgerätschaften, Trachtenstücke und Erinnerungen an Alt-Coblenz. In den Wandnischen und an den Wänden: Bronzevasen und Uhr, Meissener Porzellan des 19. Jahrhunderts, Pastellbilder (Ende des 18. Jahrhunderts) und Bilder der Kaiserin Augusta. Auf Postamenten die Büsten der großen Coblenzer Josef Görres und Johannes Müller.
Insgesamt war also für die relativ begrenzten Platzverhältnisse eine große Menge an interessanten und historisch bedeutsamen Ausstellungsstücken vorhanden, und das Museum hatte sowohl von der Lage als auch von der Ausgestaltung der vorhanden Räumlichkeiten sicherlich keine Konkurrenz zu fürchten. Bei einer Aufgabe des Schlosses durch die damals dort befindlichen Besatzungs- und Behördendienststellen wäre die Möglichkeit gegeben gewesen, auch die Räume im Erdgeschoss in das Museum einzubeziehen und Zugänge vom Rhein und von der Stadtseite aus zu realisieren. Das hätte gewaltige Möglichkeiten zur Gestaltung eines herausragenden Museums geschaffen. Wie wir alle wissen, kam es dazu leider nie. Nach dem Abzug zunächst der amerikanischen Besatzer 1923 und dann der französischen 1929 war den Koblenzern nicht einmal ein Jahrzehnt in Frieden vergönnt. Der zweite Weltkrieg traf Koblenz mit aller Härte und so waren die weitsichtigen Pläne der Museumsgestalter zum Scheitern verurteilt. Statt eines weit über Koblenz hinaus bekannten und geschätzten Museums gab es am Schloss 1945 leider nur noch Trümmer.
Nach dem Krieg und der erneuten Besatzungszeit übernahmen die Behörden das Schloss wieder und bis heute ist es für einen Koblenzer Bürger ein seltenes Ereignis, die ehemalige Residenz von innen sehen zu können. Aber so wie das Schloss aus den Trümmern wieder erstanden ist, gibt es vielleicht auch eines Tages wieder die Möglichkeit, zumindest Teile der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, vielleicht sogar als Museum.
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