Dieser Artikel erschien in der Festschrift zur 21. Altstadtkirmes 2012

Wenn man heute an der Mosel entlang von der Berufsfeuerwehr in Richtung Moselweiß fährt, erinnert nur noch der Name der Straße daran, dass sich dort einst ein großer und für die ganze Region bedeutsamer Schlachthof befand. Heute ist außer dem ehemaligen Hauptgebäude, das glücklicherweise erhalten blieb und einen Einkaufsmarkt beherbergt, nicht mehr viel von dem ehemaligen Gelände übrig. Von der Entstehung dieses Schlachthofes berichtet der nachfolgende Artikel, der in dem Buch „Deutschlands Städtebau – Coblenz, 2. Auflage 1925“ erschien.

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Der Coblenzer Schlacht- und Viehhof wurde im Jahre 1890 dem Betriebe übergeben. Vorher schlachtete jeder Metzger in seinem Privatschlachthause. Der Schlachtviehmarkt in Coblenz hatte damals keine nennenswerte Bedeutung. Soweit Schlachtvieh nach Coblenz zum Markt gebracht wurde, spielte sich der Handel auf dem Fruchtmarkt, dem heutigen Florinsmarkt, ab.

Dort wurde Montags Schweinemarkt, Dienstags Kälber- und Freitags Schweine- und Kälbermarkt abgehalten. Hin und wieder wurden auch gleichzeitig einige Rinder zum Verkauf gestellt. Der ganze Auftrieb betrug in der Woche etwa 60 Schweine und 80 Kälber. Aus diesen Auftriebszahlen geht ohne weiteres hervor, dass dieser Markt nicht einmal den Bedürfnissen der Coblenzer Metzger genügen konnte, geschweige denn von auswärtigen Aufkäufern besucht wurde.  So zogen denn die Coblenzer Metzger damals allwöchentlich über Land, um ihren Bedarf an Schlachtvieh, vor allem Großvieh, direkt beim Bauern oder auf den Märkten auf dem Hundsrücken, dem Maifeld und der Eifel und dem Westerwald zu decken. Auch die in der Nachbarschaft alle 14 Tage in Vallendar, Bendorf und Weißenthurm abgehaltenen Viehmärkte, auf denen zum größten Teil Nutzvieh, daneben aber auch Fettvieh gehandelt wurde, wurden von den Coblenzer Metzgern viel besucht.

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Eine wesentliche Wandlung brachte die Eröffnung des in den Jahren 1888/89 im Rauental auf einem Gelände von 3 ha 75 ar erbauten und am 15. Mai 1890 in Betrieb genommenen städtischen Schlacht- und Viehhofes. Sofort setzte eine derartige Zufuhr von allen Schlachtvieharten ein, dass der größte Bedarf der Coblenzer Metzger auf diesem Markt gedeckt werden konnte. Leider fehlen im ersten Jahresbericht des Viehhofes genaue Angaben über die Größe des Auftriebes, doch lassen sich diese in etwa aus den Angaben des Berichtes über das Jahr 1891 entnehmen. In diesem Berichte, in dem hervorgehoben wird, dass der Markt schon eine ziemlich bedeutende Zunahme erkennen lässt und zum erstenmal von auswärtigen Metzgern besucht wurde, sind aufgeführt:
1169 Stück Großvieh
5403 Schweine
8322 Kälber
1184 Schafe und Ziegen
zusammen 16078 Schlachttiere

Die Schlachtungen betrugen im Jahre 1890:
3907 Stück Großvieh
47 Pferde
8320 Schweine
8884 Kälber
2163 Schafe
111 Ziegen
im ganzen 23492 Schlachttiere;

im Jahre 1891 dagegen schon:
4842 Stück Großvieh
81 Pferde
10768 Schweine
84 Spanferkel
11453 Kälber
2608 Schafe
90 Ziegen
34 Lämmer
im ganzen 29960 Schlachttiere

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Blick in das Laboratorium

Der Schlachthof wies damals nur 2 Schlachthallen auf, eine für Groß- und Kleinvieh gemeinsam und eine für Schweine. Außerdem war vorhanden ein Kühlhaus mit Maschinenhaus und Wasserturm, die Stallgebäude, die Sanitätsanstalt, das Verwaltungs und Restaurationsgebäude. Der Viehhof bestand nur aus Stallungen zum Unterstellen des Viehes und einem Marktplatze zwischen dem Verwaltungs- und Restaurationsgebäude, auf dem der Viehmarkt unter freiem Himmel abgehalten wurde.

Im Jahre 1893 wurden die ersten Pferdemärkte abgehalten, und zwar je einer im Herbst und Frühjahr. Sie zeigten beide schon einen sehr erheblichen Auftrieb von 206 und 337 Pferden. Der Betrieb nahm nunmehr von Jahr zu Jahr zu, sodass im Jahre 1900 bereits ein Marktauftrieb verzeichnet wurde von
7554 Stück Großvieh
12027 Schweine
12966 Kälber
1750 Schafe und Ziegen
zusammen 34297 gegen 16078 im Jahre 1891. Die Schlachtungen betrugen in demselben Jahre
6615 Stück Großvieh
138 Pferde
14413 Kälber
16222 Schweine
3786 Schafe
126 Ziegen
12 Spanferkel
52 Lämmer
zusammen 41364 Schlachttiere gegen 29960 im Jahre 1891.

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Das Maschinenhaus

Infolge des außerordentlich zunehmenden Betriebes mussten in diesem Jahre wesentliche Erweiterungsbauten vorgenommen werden. Es wurde eine dritte Schlachthalle für Kleinvieh gebaut, eine wesentliche Vergrößerung des Kühlhauses, des Maschinenhauses und der Eisfabrik vorgenommen, ein neuer großer Trichinenschausaal mit darunter gelegenen Ankleide- und Baderäumen geschaffen, eine Kaldaunenhalle, Freibank und eine größere Sanitätsanstalt gebaut.

So war die Schlachthofanlage einem noch weiteren Anwachsen des Betriebes in den kommenden Jahren voll und ganz gewachsen. Nicht den Verhältnissen entsprechend waren dagegen die Viehhofanlagen, auf denen der Markt bei jedem Wetter unter freiem Himmel abgehalten werden musste. Auch war der zur Verfügung stehende Platz für den immer weiter wachsenden Auftrieb zu klein geworden. Man erbaute daher im Jahre 1911/12 auf dem dem Viehhofe noch zur Verfügung stehenden Gelände unmittelbar an der Werftbahn eine 76 m lange und 37 m breite ganz aus Eisenbeton bestehende Marktviehhalle, ausreichend für 300 bis 350 Stück Großvieh, 300 bis 350 Schweine und 400 bis 450 Kälber. Die Halle wurde am 1. April 1912 mit einem Prämiierungsmarkt für Schlachtvieh und Pferde eröffnet.

Die Weiterentwicklung des Marktes, die in den Jahren 1913 bis 1915 gut einsetzte, wurde dann durch die im April 1916 einsetzende Zwangswirtschaft für Fleisch unterbrochen. Während in den ersten Kriegsjahren der Auftrieb und während des ganzen Krieges die Großviehschlachtungen infolge der von hier aus zum Teil erfolgenden Versorgung des Westheeres ganz gewaltige waren, gingen die Schlachtungen nach Beendigung des Krieges außerordentlich zurück.
So betrug der Auftrieb im Jahre 1915
24362 Stück Großvieh
16354 Kälber
5703 Schweine
1102 Schafe
zusammen 47521
Die Schlachtungen betrugen 12583 Stück Großvieh
17823 Kälber
11473 Schweine
4966 Schafe
127 Ziegen
6 Lämmer
31 Spanferkel
347 Pferde
zusammen 50358

Im Jahre 1919 gingen die Schlachtungen zurück auf
1871 Stück Großvieh
417 Kälber
798 Schweine
267 Schafe
319 Ziegen
10 Lämmer
627 Perde
zusammen 4309
Mit Aufhebung der Zwangswirtschaft für Fleisch am 1.10.1920 setzte der Marktauftrieb sofort wieder ein. Im Oktober waren schon aufgetrieben
430 Stück Großvieh
130 Kälber
184 Schafe
184 Schweine
zusammen 930 Schlachttiere,
während im März bereits 2950 Tiere zum Verkauf gestellt wurden.

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Der Pferdemarkt

Nunmehr nahmen sowohl der Auftrieb als auch die Schlachtungen von Monat zu Monat erheblich zu. Im Jahre 1921 betrug der Auftrieb bereits wieder 36338 Schlachttiere während 29590 Tiere geschlachtet wurden.
Im Jahre 1920 erreichte der Markt bereits einen Auftrieb von 43807 Schlachttieren und die Schlachtungen beliefen sich auf 34617 Stück Vieh.

Infolge der auf allen Viehhöfen beobachteten von Käufer und Verkäufer angestrebten Zusammenlegung sämtlicher Wochenviehmärkte zu einem Hauptmarkte und des immer noch zunehmenden Auftriebes, stellte sich an mehreren Markttagen die Markthalle als sehr beschränkt heraus, sodass bei einer solchen Weiterentwicklung des Betriebes in absehbarer Zeit an eine Erweiterung der Halle gedacht werden muss; sind doch im Jahre 1925 bereits Tagesauftriebszahlen von
400 Stück Großvieh
400 Kälber
400 Schweine
verzeichnet worden.

Hand in Hand damit ging die Zunahme der Schlachtungen; an einzelnen Tagen wurden bereits
86 Stück Großvieh
400 Kälber
280 Schweine
geschlachtet, sodass auch der Schlachthof sich an diesen Tagen als nicht ausreichend erwies.

Auch die Pferdemärkte nahmen einen erfreulichen Aufschwung. Während im Jahre 1893 ein Jahresgesamtauftrieb von 543 Pferden zu verzeichnen war, waren im Jahre 1900 bereits 1307 Pferde aufgetrieben. Diese Zahl steigerte sich im Jahre 1921 auf 1880 Stück und im Jahre 1924 auf 3128 Pferde.

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Markthalle mit Viehmarkt

Zurzeit wird die Einrichtung eines Nutz- und Zuchtviehmarktes vorbereitet, dessen Bedürfnis vom Ministerium anerkannt und der von diesem grundsätzlich bereits genehmigt ist. Die Vorarbeiten sind soweit gediehen, dass noch im Laufe des Sommers mit dem Beginn des Marktes gerechnet werden kann.

Wenn, was zu erwarten ist, auch dieser Markt die auf ihn gesetzten Hoffnungen erfüllt, darf mit Recht gesagt werden, dass auch der Schlacht- und Viehhof sein Teil an der Hebung des Handels und Verkehrs in der Stadt Coblenz beigetragen hat.