Dieser Artikel erschien in der Festschrift zur 7. Altstadtkirmes 1998

Die Metzgerzunft in Koblenz

von Josef Eisenach

Auch dieser Artikel stammt aus dem Buch Alt-Koblenz, zweiter Band, von 1932. Er zeigt den Beitrag der Zünfte, hier der Metzgerzunft, am gesellschaftlichen Leben in Koblenz, etwas,  das heute schon fast vergessen ist. Dabei gingen noch bis in die sechziger Jahre die Metzger mit einer großen Abordnung beim Kirmesumzug in der Weißergasse mit. Auch hier ist ein großes Stück uralter Traditionen wohl für immer verloren gegangen.

(…) So ist uns bis in die Zeit der Besitzergreifung des Landes durch die Franzosen im Jahre 1794 ein sehr alter, festlicher Brauch der Koblenzer Metzgerzunft bekannt, bei dem das Koblenzer Deutschordenshaus am Deutschen Eck und das Dominikanerkloster in der Weisergasse eine besondere Rolle spielen. Der „Rheinische Antiquarius“ berichtet darüber:
„Bis zu der Okkupation hatte das Dominikanerkloster eine eigentümliche Verpflichtung gegen die Metzgerzunft zu erfüllen. An dem Aschermittwoch zog die Zunft, der sich kein Fremder anschließen durfte, in Prozession nach dem deutschen Hause (auf dem Kastorhofe). Zwei Männer trugen an Riemen eine kupferne, ungefähr eine viertel Ohm (ca. 35 Liter) haltende Flasche. Der jüngste Meister trug den großen silbernen Zunftbecher.
Der Prozession öffnete sich die Pforte des Komthurei-Gebäudes, und kaum vermochte die Halle die vielen Menschen zu fassen, denn es zeigte sich an diesem Tage, umgeben von einer zahlreichen Dienerschaft, der Deutschherr, traulich grüßend die alljährlich wiederkehrenden Besucher. Pagen in den Ordensfarben gekleidet, und mit dem Ordenskreuz bezeichnet, durchschritten in reger Tätigkeit die bunten Gruppen, um nach allen Seiten hin Wein, Heringe und Pfannkuchen anzubieten. Davon mochten die Gäste genießen, so viel ihnen beliebte; einstecken durften sie nichts. War die Lust gebüßet und der Durst gestillt, so wurde die mitgebrachte Flasche mit des Komthurs Wein gefüllt.
Dann setzte sich die Prozession in Bewegung und zog über den Kastorhof, durch die Kastorgasse, über die Kornpforte, Entenpfuhl, am Plan entlang; so näherte sich der Zug der Hauptwache (an den vier Türmen). „Heraus!“ erscholl es vor der Hauptwache, und heraus stürzte die Mannschaft, um mit kriegerischen Ehren die Prozession zu empfangen. Den Gruß erwiderte mit geschwenkter Fahne der Fahnenträger. Ein dichtes Spalier bildeten um die Soldaten seine Begleiter, vor die Front trat der jüngste Meister und reichte zuerst dem wachhabenden Offizier, dann der Reihe nach den einzelnen Musketieren den gefüllten Becher mit des Komthurs Wein. War in dieser Weise die Wache begrüßt, so ging es den Altengraben hinunter in die „Weisergasse“ zu dem „Dominikaner- oder Predigerkloster“.
Weit geöffnet standen die Flügel des Portals, über welchem Maria Viktoria thront, festlich aufgeputzt befand sich das Refektorium, in welches die Prozession einzog. Große Porzellankrüge, gefüllt mit dem Rebensaft von der Königsbach (! Wein von der Königsbach; die Brauerei kam dort erst viel später hin), erwarteten den Mundschenken, und unter dampfenden Schüsseln beugte sich schier der mächtige, eichene Tisch. Satt mochte ein jeder sich essen an den köstlichen und appetitlichen Blätzern. Wein konnte jeder nach Belieben trinken, einer ausgenommen, das war der Fahnenträger, in dessen Hände an diesem Tage die Ehre der Zunft lag. Wurde ihm die Fahne entrissen, so war für immer die Freiheit des Aschermittwochs verscherzt. Zu erwähnen ist, dass während des Umzuges an jedem Metzgerhause die Prozession halt machte und der Frau Meisterin der gefüllte Zunftbecher gereicht wurde“.