von Beigeordneter Dr. Dahm

Dieser Artikel erschien 1925 in dem Buch „Deutschlands Städtebau – Coblenz“ und beleuchtet die damalige Situation der Krankenanstalten sowie ihre Entstehung. Interessant ist insbesondere die Entstehungsgeschichte des Kemperhofs. Diese Frühgeschichte mit Querverweisen auf die anderen Krankenhäuser in Koblenz wird z.B. auch in dem Buch aus dem GARWAIN-Verlag „200 Jahre Dienst am Menschen“, Bd. 1, 1805-1964, ISBN 3-936436-05-3, beschrieben.

Das erste urkundlich nachgewiesene Hospital in der Stadt Coblenz, das Nikolaus-Hospital, wurde im Jahre 1110 von dem Erzbischof Bruno von Trier bei der Florinskirche gestiftet. Es war zur Aufnahme von hilfsbedürftigen armen Leuten und zur Pflege der Kranken bestimmt. Neben reichlichen Zuwendungen seitens der Kirche und Coblenzer Bürger schenkte die Stadt ihm ihre Güter bei Lay, Als zu Beginn des 13, Jahrhunderts die Deutschherren sich am Deutschen Eck niederließen, wurde ihnen das Hospital nebst seinen Gütern, die allerdings teilweise verschleudert waren, übertragen, Das Haus kam Jedoch zu keiner rechten Entfaltung, weil es mehr zu anderen Zwecken des Ordens als zur Pflege von Kranken Verwendung fand. Immer mehr machte sich in der Bürgerschaft das Bedürfnis nach einem Haus geltend, in dem vorwiegend Kranke Aufnahme finden sollten.

In voller Erkenntnis dieses Notstandes und getragen vom Geiste wahrer Nächstenliebe stiftete der Priester Engelbert von der Arcken, Dechant zu St, Florin und Pfarrer der Liebfrauenkirche, ein Angehöriger des Coblenzer Rittergeschlechts von der Arcken „aus eigener Kraft und zumeist aus eigenem Vermögen“ ein neues Hospital mit Armenhaus. Er gab laut Urkunde vom 25, Januar 1238 sein Haus in der Löhrstraße, das er selbst erbaut hatte, zum Gebrauch und zur Zuflucht der Kranken und Armen her, nebst einem zwischen Coblenz und Moselweiß gelegenen Hof und vielen Wiesen, Bergen und Äckern. Das Hospital erhielt den Namen „Zum heiligen Geist“ und bildete den Grundstein, auf dem sich das städtische Bürgerhospital aufgebaut hat. Es diente bestimmungsgemäß auch noch zur Unterkunft und Beherbergung von Reisenden und der nach Aachen wallfahrenden Pilger. Die Einweihung erfolgte, nachdem es eine eigene Kapelle erhalten hatte, am 28, Oktober 1460 durch den Trierer Weihbischof Hubert Agrippinus. Die Verwaltung lag in den Händen des Stadtrates.

Durch Geländetausch wurde das Hospital Anfangs des 18. Jahrhunderts „in den Vogelsang“ verlegt. Das Vermögen hatte sich durch viele Zuwendungen im Laufe der Jahre weiter vermehrt. Der Tausch und zweckmäßige Verwaltung und Verwendung des Hospital Vermögens brachten jedoch einen Rückschlag in der Entwicklung. Gebäude und Einrichtung konnten nur notdürftig unterhalten werden. Im Jahre 1775 soll kaum noch ein Bett zur Unterkunft für arme Kranke in Coblenz gewesen sein, Das Verlangen nach einem neuen Hospital war bei der Stadtverwaltung und Bürgerschaft allgemein, Eine aufgestellte Sammelbüchse mit der Aufschrift „Zum Anfang eines Bürgerhospitals“ zeugt davon. Durch die Überweisung des Weiser Nonnenklosters durch den letzten Kurfürsten Clemens Wenzeslaus als Hospital wurde der Neubau zurückgestellt. Dieses erwies sich jedoch als zu klein, als nach Einrücken der Franzosen französische Soldaten aufgenommen und verpflegt werden mussten, Napoleon überwies daher im Jahre 1805 das schöne im Jahre 1696 erbaute Franziskaner-Kloster in der Kastorstraße nebst Zubehör und Einrichtung als Hospital.

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Das Bürgerhospital im alten Franziskanerkloster

Ferner wurden durch Dekret einige kleinere in der Stadt noch bestehende Stiftungen mit dem Hospitalvermögen vereinigt. Bis 1825 diente es vorwiegend als Militärlazarett für französische und später preußische Soldaten, Erst nach Abzug derselben konnte es seinem eigentlichen Zwecke, für erkrankte Bürger, dienstbar gemacht werden. Die Verwaltung und Leitung erfolgte durch eine Hospitalkommission unter dem Vorsitz des Maire und später des Bürgermeisters. Die Krankenpflege übten zunächst weibliche Pflegerinnen aus. Im Juli 1826 wurde dieselbe den Barmherzigen Schwestern vorn heiligen Karl übertragen, welche auch heute noch ihre segensreiche Tätigkeit im Dienste der Barmherzigkeit ausüben, Frischer Eifer und neuer Geist war in das Hospital eingezogen. Der Opfersinn der Bürger ermöglichte den notwendigen Umbau und zweckentsprechende Neueinrichtung. Mit der Entwicklung der Stadt wurden Erweiterungen und Vergrößerungen notwendig, benachbarte Häuser und Grundstücke mussten erworben werden. Umfangreiche Erweiterungsbauten erfolgten vorwiegend in den 70er und 80er Jahren, Die Zahl der Betten, welche beim Einzuge ins Franziskanerkloster 40 betrug, wuchs auf 370, die Betten der Armen, etwa 100, waren 1902 wegen Raummangel in das benachbarte von Solemachersche Haus in der Nagelsgasse übergesiedelt. Die Verwaltung des Hospitals war auf Grund des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz unmittelbar auf die Stadtverwaltung übergegangen.

Die erwähnten Erweiterungsbauten waren lediglich auf die jeweiligen Bedürfnisse eingestellt und diesen angepasst. Die Folge war, dass die Einheitlichkeit des Hauses und die Übersichtlichkeit mit der Ausdehnung desselben mehr und mehr verloren gingen und der Betrieb erschwert wurde. Auch war es nicht möglich gewesen, in den Räumen des alten Klosterbaues trotz mancher Verbesserungen der Neuzeit entsprechende gesundheitliche Verhältnisse zu schaffen.

Als bereits vor einigen Jahrzehnten sich das Haus wiederum als zu klein erwies und eine neue Erweiterung erforderlich wurde, sah man bei den erwähnten Mängeln und bei der Beschränktheit des zur Verfügung stehenden Geländes und der
ungünstigen Lage inmitten des dichtbevölkerten Stadtteiles von einer weiteren Vergrößerung ab und entschloss sich zu einem Neubau. Zunächst wurde in Moselweiß ein Gelände von. etwa 40 Morgen für den Neubau erworben. Später, als die Verhandlungen mit der Gemeinde Metternich wegen Eingemeindung schwebten, sollte der Neubau in diesem Stadtteil am Südabhange des Höhenzuges angelegt werden. Die Baupläne waren seitens des Bauamtes angefertigt, kamen aber nicht zur Ausführung.

Fast durch einen Zufall fand die Frage des Neubaues eine andere, für die Weiterentwicklung des Krankenhauses bedeutungsvolle Lösung, Der katholische Männerverein löste im Jahre 1920 sein Knabenpensionat Kemperhof auf. Die Stadtverordneten-Versammlung beschloss in ihrer Sitzung vom 28. Februar 1921 den Ankauf des Gebäudes zu dem Zwecke, es in ein Krankenhaus umzubauen, nachdem seitens der Bauverwaltung und der beteiligten Arzte die Zweckmäßigkeit geprüft und anerkannt war.

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Das Knaben-Pensionat Kemperhof, aus dem das städtische Krankenhaus entstand.

Die Umbauungspläne, welche vom städt. Hochbauamt nach eingehenden Beratungen mit den Ärzten ausgearbeitet wurden, fanden die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung vom 3. August 1921. Zunächst war beabsichtigt, nur die innere Abteilung nach dem Kemperhof zu verlegen, die chirurgische Abteilung im Bürgerhospital zu belassen. Während des Umbaues, welcher in die Zeit des wirtschaftlichen Niederganges fiel, trat die Befürchtung auf, dass der getrennte Betrieb zu große Kosten verursachen und auf die Dauer wirtschaftlich untragbar sei. Infolgedessen wurden beide Abteilungen nach dem Kemperhof verlegt, während die kleineren Abteilungen für Hautkranke und Augenkranke im Bürgerhospital verblieben, Die Pfründner wurden ebenfalls wieder aus dem oben erwähnten Haus in der Nagelsgasse ins Bürgerhospital zurückverlegt, in welchem ihnen größere und luftigere Räume zur Verfügung gestellt werden konnten. Vom wirtschaftlichen Standpunkte war durch die Zusammenlegung erreicht, dass nur zwei Häuser gegen drei Häuser belegt und dadurch der Betrieb wesentlich eingeschränkt wurde. Auf der anderen Seite erlitt die Zahl der eigentlichen Krankenbetten eine ganz erhebliche Verringerung. Diese konnte zur Zeit wegen allgemeiner schlechter Belegung der Krankenhäuser überwunden werden, sie erwies sich aber auf die Dauer für unhaltbar. Die Notwendigkeit eines Ausbaues des Kemperhofes zu einem großen modernen Krankenhaus ist auch bereits allgemein anerkannt. Die Pläne sind fertiggestellt und sollen nach Erwerb des notwendigen Geländes ausgeführt werden.

Der Kemperhof ist durch den Anbau eines Kesselhauses, in dem auch die Wäscherei untergebracht und zwei Dienstwohnungen eingerichtet wurden, erweitert worden. Eine ausgedehnte Liegehalle mit Badehaus wurde im Anschluss an den Hauptflügel errichtet. Die getrennt gelegene Turnhalle wurde zur Abteilung für übertragbare Krankheiten umgebaut. Besondere Schwierigkeiten boten die zweckentsprechende Anordnung der Räume in der Umgestaltung derselben und ihre Anpassung an die ärztlichen Bedürfnisse. Vor allem galt es, die erste Forderung Für ein Krankenhaus zu erfüllen, Luft und Licht in die Aufenthaltsräume zu lassen und die Möglichkeit peinlichster Sauberkeit in allen Teilen des Hauses zu schaffen. Die Mittelflure, welche sich durch alle Stockwerke des Hauses zogen, mussten beseitigt werden. Es geschah dies durch die Wegnahme der meisten nach der Innenseite gelegenen Räume. Ferner wurden zur weiteren Durchlüftung noch Fenster an den Flurenden angebracht. An Stelle der verloren gegangenen Zimmer wurden viele große Hallen geschaffen, die als Tagesräume eingerichtet sind.

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Tagesraum im neuen städtischen Krankenhaus.

Der Tannenholzfußboden wurde im ganzen Hause durch Eichen-Parkettfußböden ersetzt, welche in den Fluren zur Dämpfung der Geräusche und zum sicheren Begehen einen Belag von Linoleum erhielten. Die vorhandenen Treppenhäuser wurden erweitert, neue nach Bedarf Haus zu errichten, in welchem ein Wöchnerinnen-Asyl, eine Kinderkrippe und eine Mutterberatungsstelle untergebracht werden sollen. Zur Deckung der Baukosten dienen in erster Linie die Stiftungen des Herrn Kommerzienrat Dr. Seligmann, der Frau Geheimrat Spaeter und des Herrn Kommerzienrat Oswald, der Rest der Baukosten wird aus städtischen Mitteln gedeckt, Die Stadt Coblenz glaubt, in Befolgung des Beispiels, dass die in Gott ruhende Kaiserin gegeben, den Dank, den sie ihrer unvergesslichen Wohltäterin schuldet, durch die Errichtung dieses Hauses am besten zu betätigen, das zu seinem Teile dazu beitragen soll, die Lage der wirtschaftlich Schwachen und Bedrängten möglichst zu bessern.“

Das Gebäude besteht aus Untergeschoss, Erdgeschoss, Obergeschoss und ausgebautem Dachgeschoss. Im Erdgeschoss befanden sich die Räume für das Säuglingsheim und die Kleinkinder, die Räume für das Wöchnerinnenheim verteilen sich auf Ober- und Dachgeschoss, Zwei getrennte Zugänge zum Gebäude ermöglichen die Trennung beider Heime. Das Haus wurde am 22, Oktober 1823, am Geburtstage der Kaiserin, feierlichst seiner Bestimmung übergeben, Die Abteilung für Wöchnerinnen war zunächst auf die Höchstzahl von 16 Betten beschränkt, die für Säuglinge und Kleinkinder konnte 12 Säuglinge und 30 Spielkinder aufnehmen. Die innere Einrichtung wurde vervollständigt durch eine Schenkung der Familie Schloß. Der Verein „Krippe“ leitete diese Abteilung.

Durch unerwartet starke Inanspruchnahme des Wöchnerinnenheimes mussten im Jahre 1920 die Räume des Säuglingsheimes für Zwecke des Wöchnerinnenheimes mitbenutzt werden. Zur Unterbringung des Säuglingsheimes wurde, nachdem sich unterdessen auch der Verein „Krippe“ aufgelöst hatte, der Südflügel des vom katholischen Frauenverein gegründeten und verwalteten Waisenhauses St. Barbara eingerichtet. Die Zahl der Betten musste den Bedürfnissen entsprechend auf 60 vermehrt werden. Einem von der Stadt angestellten Kinderarzte ist die ärztliche Leitung des Säuglingsheimes übertragen.

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Therapieraum des Röntgen-Instituts im Krankenhaus Kemperhof.